Maker vs. Virus

Wie eine Subkultur in der Kriese unterstützt.

Ein paar Gedanken zur Maker-Szene und der Corona-Krise.

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MakerVsVirus

Die Corona-Pandemie

Was bisher geschah

Als die Corona Pandemie auch Deutschland zum Lock-Down brachte konnte noch niemand die Ausmaße überblicken, die das ganze Geschehen annehmen würde. Schnell war klar, das wichtige Schutzausrüstung im medizinischen Sektor fehlen wird. Denn auf der ganzen Welt sind viele Lieferketten von China abhängig, die zuerst die eigene Wirtschaft herunter gefahren haben.

Wie empfindlich die Weltwirtschaft ist, wenn die globalisierte Logistik getroffen wird, zeigt sich dieser Tage ganz deutlich. Denn ein Großteil der modernen Konsumgüter kommt ganz oder teilweise aus Fernost.

Systemarchitektur

Man sollte meinen, dass die globale Wirtschaft ziemlich dezentralisiert ist. Da aber die Lieferketten zusammengebrochen sind, wird klar, sie ist es nicht. Sie wurden nicht mit dem kritischen Blick einer FMEA aufgebaut, sondern haben sich schleichend über die Jahre entwickelt. Dabei ist nicht aufgefallen, dass eine sehr geringe Fehlertoleranz besteht. So hat sich eine ungünstige Systemarchitektur herausgebildet. Ähnlich, wie die Preise für Festplatten nach dem Tsunami in Japan Fukushima gestiegen sind, weil das Angebot knapp wurde. So steigen heute die Preise für viele Elektrogeräte, wie Mikrophone oder Kameras, weil der gesteigerte Bedarf die Produktion weit übertrifft.

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Und weiter?

Produktion

Dezentrale Produktion

Wer sich schon ein bischen mit der Makerszene oder dem Thema 3D-Druck bzw. additive Fertigung auseinandergesetzt hat, weiß dass es nicht nur um Prototypenbau geht. Es gab zur Einführung des RepRap die Diskussion über dezentrale Produktionsmethoden, über die Demokratisierung der Fertigung.

Derzeit ist es so, dass viele Produkte an einem Ort oder zumindest in einem Land gefertigt werden. Natürlich sind die Fabriken global gesehen dezentral. Das Konzept sieht aber sehr starke regionale autarke Produktion vor. Es wird von sogenannten Prosumenten gesprochen, die Zuhause selbst die Konsumgüter herstellen, oder zumindest individualisieren.

Makerszene

Eine Subkultur, bzw. eine Hobbiegruppe sind die sogenannten Maker. Es ist eine abgeschwächte Form von Hackern, die sich nicht nur mit Computerhardware beschäftigen, sondern gerne basteln. Oder auch faule Handwerker, denn Produktionsmaschinen im Keller oder FabLab übernehmen die Handarbeit. Digitale Heimwerker, wenn man so will.

In fast jeder Stadt in Deutschland gibt es heutzutage ein (oder mehrere) FabLabs. Das kann man sich vom Geschäftsmodell wie ein Fitnessstudio vorstellen. Nur das man gegen den Mitgliedsbeitrag keine Fitnessgeräte im Studio nutzen darf, sondern Produktionsmaschinen wie Lasercutter oder eben 3D-Drucker.

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Und Weiter?

Industrie Designer als Maker

Ingenieure und Designer

Viele Ingenieure und Designer sind im Besitz von Kostengünstigen 3D-Druckern. In den Ingenieurbüros oder Designagenturen werden kleine Prototypen gedruckt um in kürzester Zeit Haptik und Funktionen zu testen und verifizieren.

Viele Anhänger dieser Berufsgruppen sind aber auch in der Freizeit handwerklich unterwegs. Viele sind eben diese Maker.

Daraus ergibt sich die gute Gelegenheit, eine dezentrale Produktion im regionalen Raum aufzubauen.

Hubs

In kürzester Zeit hat sich ein loses, dezentrales Netzwerk gebildet, das mittels einem Chat (Slack) kommuniziert. Es wurden regionale Hubs (Knotenpunkte) geformt, die sich selbst verwalten aber mit anderen in Kontakt stehen.  Die Initiative, die sich durchgesetzt hat, nennt sich Maker Vs. Virus und auch ich habe mich für die Region Oldenburg und das Ostfriesland engagiert. Wie ihr ja eventuell wisst dokumentiere ich meine “Maker-Projekte” auf meinem privaten Blog – daniel-strohbach.de.

Ein wichtiger Teil dieser Hubs sind eben diese FabLabs (FabrikationsLabor). Dort sind die Maker regional vernetzt, die FabLabs bilden die Brücke zur überregionalen Vernetzung.

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Maschinenbau & Design

Die Produkte

Die Produkte

Die ersten Produkte die sofort ausverkauft waren, sind Masken vom Typ FFP1 bis FFP3. Diese lassen sich nur schwer mit dem 3D-Drucker nachbilden. Es gibt Modelle für Kunststoffmasken, bei denen vorne ein Filter eingebaut wird. Ein gutes Beispiel ist das Modell der Firma Vogelsang. Durch eine große Filterfläche wird gewährleistet, dass man noch gut genug atmen kann.

Dann gibt es Schutzbrillen und Schutzvisiere. Auch diese sind ziemlich schnell knapp geworden. Und genau hier kommen die Maker ins Spiel. Da die Heimwerker-Varianten weder zertifiziert sind, noch in irgendeinerweise geprüft werden, dürfen diese nicht als Schutzausrüstung bezeichnet werden. Der gängige Name derzeit lautet daher einfach behelfsmäßiges Gesichtsvisier. Mit dem 3D-Drucker werden also einfach Halterungen hergestellt, an die handelsübliche Folie eingehängt wird. Diese lässt sich auch auf die Form einer Brille zurück schneiden, wenn man möchte.

Eine weitere tolle Idee, war die Herstellung von Ohrschonern. Das sind kleine Halterungen, die das Gummiband vom Ohr weghalten. Wenn man also lange Zeit am Stück eine Mund- und Nasenmaske tragen muss, kann man seine Ohren durch so ein Hilfsmittel entlasten.

Außerdem gibt es noch Flachbandformer, ein kleines Hilfsmittel, das beim Umnähen von Stoffbändern hilft. So kommt man etwas angenehmere Bänder für seine selbst-genähte Corona Stoffmakse

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Forschung und Entwicklung

Open Source

Open Source

Die Datensätze werden meistens Kostenfrei und unter OpenSource-Lizenzen ins Netz gestellt. Damit hat jeder die Möglichkeit die Daten zu bearbeiten, weiterzuentwickeln und zu verbessern. Also ein sehr gutes beispiel, wie OpenKnowledge bzw. CitizenScience funktionieren kann.

Denn was ist besser, als ein Gehirn? Natürlich viele Gehirne. Jeder Mensch macht Fehler und vier Augen sehen mehr als zwei. Gerade bei der Produktentwicklung ist es daher sehr wichtig, alles nocheinmal kontrollieren zu lassen. Auch ist es kein Angriff gegen die eigene Persönlichkeit, wenn jemand Kritik an der eigenen Idee äußerst, wenn es konstruktive Verbesserungsvorschläge gibt.

Chancen

Da sich die Lieferketten langsam vom Corona Lockdown erholen und der Bedarf an selbstgemachten Hilfsmitteln langsam zurück geht, wird in der Maker Vs. Virus Gruppe schon fleißig überlegt, wie man das entstandene Netzwerk weiter nutzen kann, um andere gesellschaftliche Probleme zu lösen.

Wir haben jetzt die Chance das KnowHow vieler Menschen zu bündeln und diese gemeinsam auf ein Problem los zu lassen. An dieser Stelle möchte ich daher auch auf die OpenKnowledge Portale aufmerksam machen die es so gibt. Man kann sich einfach einen Account anlegen und beispielsweise Wissenschaftlern bei einer Aufgabenstellung helfen, die nichts mit dem eigenen Fachgebiet zu tun hat. So können gängige und standardisierte Methoden in anderen Fachgebieten völlig unbekannt sein und genau das fehlende Quäntchen sein, was zum Erfolg führt.

(Noch ein Buchtipp für Open Knowledge in der Science Fiction: Cory Doctorow – Walkaway)

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